29. Clubvergleichsschau


Rote Neuseeländer weiter auf dem Vormarsch
Weiße Neuseeländer mit einer Stabilisierung des hohen Zuchtstandes

Bereits zum zweiten Mal innerhalb von 7 Jahren, lud der Thüringer Club mit Herbert Sillmann an der Spitze alle Neuseeländerzüchter Deutschlands zur Vergleichsschau nach Wersdorf bei Apolda ein. 150 Aussteller aus 18 Clubs folgten der Einladung und stellten insgesamt 1051 Tiere aus.
Wie bereits in den vorangegangenen Schauen wurden die am Donnerstag angelieferten Tiere am Freitag von 16 Preisrichtern in 4 Gruppen nach dem ABCD-System bewertet. Zu jeder Vierergruppe gehörte ein sog. Tischobmann, zu dessen Aufgabenbereich nicht nur die Zustimmung bzw. Ablehnung von vorgestellten potentiellen v- oder nb-Tieren gehörte. Er sollte auch darauf achten, dass bei der Bewertung innerhalb der Zuchtgruppen kein auseinander driftendes Urteil zustande kam, und damit in der Regel eine Harmonisierung der Bewertung, natürlich immer in einem von den Preisrichtern zu verantwortenden Rahmen, sichergestellt war.
Bei diesem knappen Zeitraster und der hohen Tierzahl setzt natürlich der Stress beim Ausstellungsteam erst nach der Bewertung ein, denn es müssen nicht nur die „zehn besten Tiere eines Clubs“ in beiden Rassen, sondern auch die Sonderpreise für die Züchter, u. a.
7 beste Tiere und beste 1,2 einer Rasse ermittelt werden. Da hofft man natürlich, dass die Preisrichtergruppen bei ihrer Auswertung gute Arbeit geleistet haben.
Wird der Katalogdruck zudem noch in Eigenregie durchgeführt, ist für die Verantwortlichen eine Spät- oder gar Nachtschicht vorprogrammiert.
Da die Thüringer als Gastgeber ein erfahrenes Ausstellungsteam in ihren Reihen hatten, wurden nicht nur diese organisatorischen Probleme bewältigt, sondern für die Gäste wurde am Bewertungstag noch eine Busfahrt nach Freyburg in die Rotkäppchen-Sektkellerei sowie nach Naumburg mit Besuch des dortigen Domes organisiert.
Dass die Thüringer Zuchtfreunde auch einen guten Draht zur politischen Prominenz besitzen, bewies die Liste der Ehrengäste, die sich am Samstag zur Eröffnung in Wersdorf in der dortigen Bulldoghalle einfanden. Von Ronald Richwien, Staatssekretär im Wirtschafts-ministerium, über Dr. Christine Lieberknecht, Landtagspräsidentin, bis zu Dr. Jähnig, Bürgermeister der Gemeine Pfiffelbach, gaben sich die Politiker die Klinke in die Hand und betonten in ihrer Begrüßung die enge Verbundenheit zur Rassekaninchenzucht. Alle Ehrengäste lobten auch die gute Organisation sowie das Engagement der Verantwortlichen und erkannten sehr wohl, dass in der von hoher Arbeitslosigkeit geprägten Region mit dem Besuch und der Übernachtung zahlreicher Gäste ein wichtiger, wirtschaftlicher und touristischer Impuls gesetzt worden ist.
Internationales Flair bekam die Veranstaltung durch die Anwesenheit des Schweizer Zuchtfreundes Jaques Weiss, der schon seit Jahren Gast bei den Vergleichsschauen ist und der damit den Kontakt zu den Schweizer Züchtern aufrecht erhält.

Tiere in der Kritik
Bei der am Sonntagvormittag abgehaltenen Tagung berichteten zwei Preisrichter über die derzeitige Tierqualität in beiden Rassen.
Bei WN übernahm Peter Wenzel vom Club Berlin-Mark Brandenburg, bei RN Jürgen Carstens von Bremen die Aufgabe, wobei beide betonten, dass ihre Aussagen nur auf einer Moment-aufnahme des Zuchtstandes auf dieser Ausstellung beruhen.

Neuseeländer weiß
Bei den 451 ausgestellten WN wurde 27mal die Note „vorzüglich“ (1 x 98 Pkt.; 7 x 97,5 Pkt.; 19 x 97 Pkt.) vergeben, wobei doppelt soviel Häsinnen wie Rammler mit diesem Prädikat ausgezeichnet wurden. 7 Tiere erhielten das bei Züchtern immer wieder heiß diskutierte
nb-Urteil, wobei bevorzugt Rammler mit Bemerkungen wie „Wammenansatz oder ange-wachsene Penisspitze“ betroffen waren. 1 Tier wurde mit der Bemerkung „Nasenausfluss“ von der Bewertung ausgeschlossen.
5 % der Tiere erreichten nicht das Normalgewicht von über 4 kg; hier kann aber nicht von den betroffenen Züchtern die lange Anreise, verbunden mit deutlichem Gewichtsverlust, angeführt werden, denn diese untergewichtigen Tiere sollten, auch um ihre evtl. viel versprechende Entwicklung nicht zu unterbrechen, zukünftig im heimischen Stall bleiben.
Obwohl zwei Drittel aller Tiere in der Position „Körperform, Typ und Haltung“ 18,5 oder
19 Punkte bekamen, darf diese Bewertung nicht darüber hinweg täuschen, dass der Rest der Tiere mit kritischen, aber auch richtungsweisenden Bemerkungen versehen wurden. Am häufigsten war dabei „leicht gestreckt, etwas vorstehendes Hüft- oder Kreuzbein“ sowie in wenigen Fällen „etwas lange Schneidezähne“ nachzulesen. Der gewünschte Stand, mit dem das Tier auf kräftigen Vorderläufen etwas vom Boden abheben soll, hat sich hingegen seit der Standardänderung in vielen Zuchten verbessert.
„Manchmal sah ich die Schere noch vor Augen“, berichtete Peter Wenzel in seiner betont heiteren Art und wollte damit zum Ausdruck bringen, dass das Schaufertigmachen im Brust- und Kehlbereich von etlichen Züchtern deutlich übertrieben wurde. Die in dieser Körperpartie „fehlende Granne“ wurde mit deutlichem Punktabzug bedacht, v. a. wenn die Tiere ansonsten keine Haarungsanzeichen aufwiesen. Auch die deutliche „längere Begrannung am Ohrenansatz“ sowie eine „überstehende Granne“ in der Decke waren Anlass zur Kritik. „Während sich die Kopfbildung kaum noch verbessern lässt, dürfen hingegen die Ohren nicht mehr kürzer werden“, hob P. Wenzel in seinem Bericht hervor, „denn die Ohrenlänge sollte mit dem gedrungenen, breiten Körper immer noch harmonieren“. Deutlich wurde auch, dass die Erwartungshaltung einiger Züchter in der Position „Farbe und Gleichmäßigkeit“ eine „10“ zu bekommen, nicht erfüllt werden konnte, schon aufgrund der Tatsache, dass sich die weiße Farbe über den gesamten Körper, Läufe und Bauchseite eingeschlossen, erstrecken muss. „Bei übertriebener Fellpflege geht schon mal die Gleichmäßigkeit, aber auch der Glanz verloren“ so Wenzels Fazit. Der Pflegezustand der Tiere gab selten Anlass zu Kritik.

Neuseeländer rot
597 Tiere wurden in 146 Zuchtgruppen und 13 Einzeltieren ausgestellt; 21 Tiere bekamen das Prädikat „vorzüglich“, wobei trotz des frühen Ausstellungstermins drei Rammler mit 98 Pkt. und 2 x 97,5 Pkt. die Spitzenbewertungen aufwiesen. Und wie so oft nach einer Bewertung wurden diese Spitzentiere besonders kritisch von den anwesenden Züchtern begutachtet. Eines dieser Tiere mit dem Täto H470-2.2.1, Züchter Günther Müller aus Schlüchtern, konnte auf einer weiteren Ausstellung diese Bewertung bestätigen und wurde damit in Kassel zum Bundessieger 2003 gekürt. 7 Tiere wurden aufgrund schwerer Fehler wie „Wammenansatz, Geschlechtsmissbildung“ sowie zu vermeidender „weißer Büschel“ mit nb beurteilt.
Jürgen Carstens deutete mit seinem Resümee „die Roten holen weiter auf“ an, dass die Bewertung der besten Zuchtgruppen bei RN den Ergebnissen der Weißen schon sehr nahe kommt. Der Großteil der Tiere erfüllte die erste Standardposition mit einem Gewicht von 4,2 bis 4,5 kg. Die Position „Körperform und Bau“ konnte auf breiter Basis verbessert werden,
d. h. Kritik wie „vorstehende Hüftknochen“ bzw. „eckig“ sowie „vorne schmal“ waren in der Minderzahl nachzulesen. Hingegen ließ bei Häsinnen des öfteren die Bemerkung „etwas loses Brustfell“, bei Rammlern „etwas schwache oder leicht durchtretende Vorderläufe“ erkennen, dass noch genügend leichte Mängel durch geplante Selektion abzustellen sind. Dass eine gezielte Zuchtauswahl gegenüber einem zeitaufwendigen, oftmals übertriebenen Putzen dem Vorzug zu geben ist, bewies wiederum der Hinweis „fehlende Brustgranne“ bei der Position Fell. „Die Dichte der Felle, aber auch die Behaarung der Ohren ist in den letzten Jahren deutlich verbessert worden“, so Carstens, und belegte diese Aussage mit dem Hinweis, dass ca. 1/3 aller Tiere im Fell 14 Pkt. erreicht hätten. Die im Standard gewünschte kräftige Kopfbildung mit breiter Schnauz- und Stirnpartie sowie die fleischigen, gut aufgesetzten Ohren nähern sich in immer mehr Zuchten dem gewünschten Ideal an, jedoch ist zukünftig auf die „weite Ohrenhaltung“ bevorzugt bei Rammlern sowie auf „dünne und faltige Ohren“ bei Häsinnen zu achten. Das hervorstechendste Rassemerkmal der Roten, die Position Deckfarbe und Gleichmäßigkeit bietet immer noch Anlass für vielfältige Kritik. Die mit gutem Glanz versehene, sattrote Deckfarbe hat sich, nicht wie in den Vorjahren angedeutet, auf breiter Basis stabilisiert, sondern driftet in einigen Zuchten auseinander. Neben dem gewünschten Ideal sind immer Tiere mit etwas heller Deckfarbe oder auch dunklere Tier mit Rußanflug in der Decke oder aufhellenden Schenkelpartien vertreten. Auch die etwas helle Krallenfarbe, die dunkelhornfabig gefordert ist, führte zu Punktabzug. Die Bewertung schwankte in dieser Position zwischen 13 und 15 Pkt. und zeigte damit, dass zukünftig eine verstärkte Zusammenarbeit der Clubs notwendig sein wird, um eine zunehmende Harmonisierung dieser Position gemäß der Standardaussage zu erreichen. Die der Deckfarbe möglichst ähnliche Unterfarbe bereitet kaum noch Probleme, auch wenn immer wieder festzustellen ist, dass gerade die sattroten Tiere aufgrund des deutlicher auftretenden Farb-kontrastes selten die „10“ erreichen.

Meister und Sieger 
Neuseeländer rot
Die 10 besten RN eines Clubs hatte mit 968 Pkt. der Gastgeber Thüringen vor den punkt-gleichen Bayern vorzuweisen. Als Dritter platzierte sich der Club Baden mit 967,5 Pkt.
Clubmeister wurde Erich Feigl vom Bayerischen Club mit 387,5 Pkt.; in dieser Zuchtgruppe stand auch ein Gruppensieger (1,0) mit 97,5 Pkt. Dahinter rangierten punktgleich mit je
386 Pkt. Bernd Schaal vom Club Württemberg-Hohenzollern und Günter Hahn vom Club Hannover. Erich Feigl errang auch den Heinrich-Hartjes-Gedächtnis-Preis (auf 7 beste RN) sowie den Pokal für beste 2,1 und konnte sich zurecht als erfolgreichster Züchter dieser Vergleichsschau sehen. Der beste 1,0 mit 98 Pkt. gehörte Hans Münchgesang vom Club Thüringen. Die beste 0,1 mit 97,5 Pkt. züchtete Michael Geiger vom Club Bayern.
Gruppensieger stellten folgende Züchter: Bernd Schaal (Club Württemberg-Hohenzollern); Franziska Geiger (Club Bayern), Günter Hahn (Club Hannover), Roland Meiz sowie Günter Wöhlert (Club Thüringen).

Neuseeländer weiß
Hessen-Nassau behauptete bei den 10 besten WN eines Clubs unangefochten die Spitze mit 970 Pkt. vor Thüringen mit 968,5 Pkt. und Bayern mit 966 Pkt.
Den Vorjahreserfolg als Clubmeister konnte Ernst Baier aus Sachsen-Anhalt mit hervorragenden 388 Pkt. wiederholen und verwies damit seine härteste Konkurrenz aus Hessen-Nassau und dem Saarland, die beiden Züchter Walter Klotz und Andre Fink mit ihren Zuchtgruppen mit je 387 Pkt. auf die Plätze. Walter Klotz erhielt zudem noch den Dr. Kissner-Gedächtnis-Preis (für 7 beste WN) sowie den für die besten 2,1 ausgeschriebenen Ehrenpreis; zudem gehörte ihm auch der beste 1,0 mit 97,5 Pkt. Die beste 0,1 mit 98 Pkt. kam aus der Zucht Werner Tittels aus Thüringen.
Die Gruppensieger zeigten folgende Züchter: Frank Schreier (Club Hannover), Ernst Baier (Club Sachsen-Anhalt), Andre Fink (Club Saarland), Georg Faatz (Club Bayern), Rene Gewohn (Club Thüringen), Karl Cappelmann (Club Bremen), Karl-Heinz Herrnbrodt (Club Hessen-Nassau).

„Thüringen war eine Reise wert“ lautet ein Fazit dieser Vergleichsschau und „die Clubbewegung lebt und der damit verbundene Idealismus, diese beiden Rassen in ihrer Verbreitung und Zuchtqualität zu fördern“ ist ein weiteres wichtiges Ergebnis.
Gestützt wurde die zweite Aussage durch ein einstimmiges Votum der Delegierten aller Clubs gegen die Vorgabe des ZDK, die Vergleichsschauen nur noch alle zwei Jahre zu genehmigen. Dieses Votum wurde mit einer Unterschriftenaktion bekräftigt.
Gastgeber der Vergleichsschau 2003 mit ihrem Vors. Waldemar Meisberger ist Saarland, die hierzu traditionelle Ostertagung findet in St. Wendel statt.

NEUSEELÄNDERCLUB HANNOVER
Lorenz Paulus (1. Vorsitzender)

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